Stalking-Therapie hilft Opfer bei Konfrontation mit dem Täter

SZ 30.11.2017

Wenn aus Liebe Wahnsinn wird, nutzen oft weder Paragrafen noch Einzelsitzungen. Zwei Psychologen in Bremen arbeiten mit einem neuen Ansatz.

… Es geht um einen Täter-Opfer-Ausgleich, der bei anderen Konflikten schon länger angewandt wird. Anders als zum Beispiel bei zerstrittenen Nachbarn sollen Stalker und Gestalkte aber nicht zusammengebracht werden. Es geht um eine endgültig Trennung. Sie sollen sich möglichst gar nicht mehr begegnen. “Wir schaffen einen Ort, an dem Menschen die Möglichkeit haben, die Trennung zu verarbeiten und Ruhe zu finden”, sagt Frank Winter. Dieser Ansatz sei einzigartig. …

Wer mit ihnen sprechen will, dessen Akte erhalten sie von den Behörden – vertraulich. Die Gespräche sind freiwillig, das gilt für Gestalkte und für Stalker. Es kann jedoch für beide ein Ausweg sein. Täter, gegen die bereits ermittelt wird, müssen zunächst eine Schutzerklärung unterschreiben und damit garantieren, dass sie ihr Opfer nicht mehr behelligen werden. Das soll zumindest die Hemmschwelle erhöhen …

Damit die Opfer ihre Peiniger nicht sehen müssen, empfangen sie Stalker und Gestalkte an verschiedenen Terminen.

Mit Frauen spricht immer Frauke Dziomba, Frank Winter hört nur zu. Mit Männern spricht immer er, und sie hört nur zu. Der vierte Stuhl ist unbesetzt. “Aber innerlich weiß man, da sitzt der, der fehlt”, sagt Winter, also der Stalker oder Gestalkte.  …

Als Erstes fragen die Berater stets nach der Szene des Kennenlernens. “Darin findet sich praktisch die gesamte Geschichte”, sagt Frank Winter. … Nicht selten erinnert das Scheitern einer Beziehung an die Trennungsgeschichte der Eltern, Wiederholungszwang nennen das die Experten. Frauke Dziomba und Frank Winter gehen davon aus, dass sie für die Stalker und Gestalkten manchmal auch die Rolle von Vater oder Mutter einnehmen.

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