Studie Chivers: Agreement of Self-Reported and Genital Measures of Sexual Arousa

Prof. Clement hielt kürzlich einen Vortrag am Rechts der Isar, worin er mich an die Metastudie von Chivers () erinnerte. Mir gingen die Implikationen und Fragestellungen, die diese Studie aufwirft, noch eine ganz Weile im Kopf herum.

Chivers listet in ihrem Abschlusskommentar eine Reihe von Hypothesen, weshalb der Zusammenhang zwischen genitaler Reaktion und subjektiver Erregung bei Männern und Frauen so ist, wie er beobachtet wird. Während bei Männern ein deutlicher Zusammenhang zwischen genitaler Reaktion/Erektion und subjektiver sexueller Erregung existiert, ist das bei Frauen genau nicht so. Vielleicht finden Studien eines Tages die definitive Antwort, weshalb das so ist, vielleicht auch nicht.

Viel spannender ist für mich die Implikation dieser Ergebnisse auf das subjektive weibliche Erleben der “Lustlosigkeit”. Während die Wissenschaft in vielen Studien (Chivers ist eine Meta-Studie über 132 Studien) nachweisen konnte, dass es keinen großen Zusammenhang zwischen subjektiver Erregung und genitaler Reaktion der Frau gibt, ist diese Erkenntnis in der Allgemeinbevölkerung weitgehend nicht angekommen. Viele Frauen in meiner Praxis messen ihre eigene “Lustlosigkeit” am Ausbleiben einer genitalen Reaktion, womit sie vollkommen auf dem Holzweg sind. Frauen übertragen also das inadäquate “männliche Modell” auf sich selbst!

Ich glaube, als (insbesondere männliche) Therapeuten haben wir mit dieser Studie im Gepäck ein sehr gutes Argument, die Frauen zu eigenverantwortlichem erotischen Denken und Handeln zu ermuntern (m.a.W. das zu explorieren, was ihre PSYCHISCHE Erregung stimuliert). Das Ausbleiben einer genitalen Reaktion ist vollkommen normal und nicht Ausdruck einer “krankhaften” Lustlosigkeit.

Herzliche Grüße
Ihr Tobias Ruland